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Autorin: Vanessa Buff
Freitag, 07. Juli 2017

Man liest sie in jüngster Zeit immer häufiger, diese Texte, in denen Frauen über die vielen Ansprüche klagen, denen sie genügen sol­len. Wie die Gesellschaft von ihnen erwartet, perfekte Mamis zu sein, top Karrierefrauen und sexy Partnerin­nen, die darüber hinaus auch noch mühelos den Haus­halt schmeissen. Ganz ehrlich: Ich habe diese Phrasen satt, und es schaudert mich bei dem Gedanken, dass das hier womöglich genau so ein Text werden könnte. Den­noch kenne ich es auch, dieses Gefühl, nicht genügen zu können. Überall zu sein, aber nirgendwo genug, nicht präsent genug, nicht produktiv genug, nicht fröhlich ge­nug. Und angesichts dieses Zustands der permanenten Mangelhaftigkeit mich selbst zu verlieren.

Ich erinnere mich, wie mich dieses Gefühl nach einem heftigen Familienstreit überkam, es ist noch gar nicht lange her. Ich stand in der Küche, mir zitterten die Hän­de, und ich wusste, irgendetwas musste ich tun, um das Rotieren der Gedanken zu unterbinden. Also holte ich Eier aus dem Schrank, Mehl, eine Waage und die Pasta­maschine. Ich schlug auf, mischte, knetete und rieb mir bröseligen Teig von den Fingern. Ich schnitt, teilte auf in handliche Portionen, drehte die Kurbel, faltete und drehte erneut.

Irgendwann hatte ich keinen Teig mehr übrig, dafür la­gen Küchentücher mit frisch geschnittenen Nudeln auf dem Herd, auf dem Tisch und über den Stuhllehnen. Die Terracottafliesen waren weiss getupft von Mehl und Krümeln. Mein Nacken schmerzte und meine Füsse fühlten sich wund an. Aber meine Hände hatten auf­ gehört zu zittern, und in meinem Kopf herrschte Stille.

Und genau das ist das Magische an dieser schlichten Tätigkeit: Beim Nudelnmachen brauche ich während Stunden kein einziges Wort zu sagen und nicht den lei­sesten Gedanken zu denken. Ich muss einfach nur han­tieren. Ich bin einfach nur bei mir selbst. Okay, vielleicht bin ich auch noch ein wenig beim Teig, aber dessen ein­ziger Anspruch ist es, vor dem Verarbeiten geknetet zu werden, und das kriege ich hin.

Das Aufräumen konnte warten bis zum nächsten Tag. Ich löschte das Licht und ging ins Bett. Bin halt keine perfekte Hausfrau.