Es gibt diesen Spruch: «Kennst du Olten?» – «Aber klar doch, da bin ich auch schon durchgefahren.» Das Klischee ist bekannt, es hat aber einen wahren Kern: Olten ist eine Durchfahrtsstadt. Vielleicht die typischste aller Schweizer Durchfahrtsstädte. Rund 300 000 Menschen rollen täglich in 1100 Zügen durch Olten. «Früecher hets öppis golte, Olte / Hüt wott niemer meh holte in Olte» singen Stiller Has in Walliselle. Und es stimmt schon: Man kennt Olten zwar aus Staumeldungen oder Bahnhofsdurchsagen, von Autobahnschildern oder aus Witzen, nur eben aussteigen tut hier niemand.
Sollte man aber. Und tat ich erst kürzlich wieder. Warum? fragen Freunde erstaunt. Weil Olten eine schmucke Altstadt hat. Weil die Autoren Alex Capus und Pedro Lenz hier im «Flügelrad» wirten. Und weil sich im gefühlten Zentrum der Schweiz, je 30 Minuten von Bern, Basel und Zürich entfernt, leicht jene unaufgeregte Kleinstadtatmosphäre finden lässt, die in Ortschaften in der Agglomeration zu verschwinden droht. Olten ist eben noch bei sich, könnte man sagen.
Typisch zu sehen eben am «Rathskeller» inmitten der Altstadt, nur 10 Minuten vom Bahnhof entfernt. «Hier treffen Politiker auf Junkies, Direktorinnen auf Bauarbeiter», erklärt einer am Stammtisch, als ich mich alleine danebensetze. Der Schriftsteller Alex Capus sagte: «Wer zwei Abende im ‹Rathskeller› verbringt und sich nicht allzu dumm anstellt, ist danach ein Oltner.» Eine Offenheit, falls sie denn so stimmt, die zumindest in den Zürcher Bars etwa so unvorstellbar ist wie Zwingli an einer Schaumparty. Als Grund für diese Oltner Eigenart nannte Capus den fehlenden Standesdünkel der Oltner. Die Ortschaft war einst die Untertanenstadt Solothurns.