Ich beobachte Staubteilchen, die im diffusen Licht schweben. Seit wann ich das schon tue, weiss ich nicht. Der mechanische Wecker tickt, doch die Sekunden mag ich jetzt nicht zählen. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder mehr zu tun, als dazuliegen. Mit halboffenen Augen, zwischen Traum und Wirklichkeit. Ein Windstoss bewegt den Tüllvorhang etwas zur Seite. Über den Schornsteindächern erscheint ein blaues Dreieck Himmel. Die Welt hinter dem Fenster meines Schlafzimmers erscheint entrückt, wie eine surreale Kulisse aus Häuserzeilen, Kinderstimmen und dem Hinundher Klacken eines Pingpongbällchens. In meinen Ohren drehen Melodiefetzen von gestern ihre Runde. Meine rechte kleine Zehe pulsiert. Ich habe sie wundgetanzt.
Wie lange liege ich schon wach? Ich drehe mich zur Seite, schliesse die Augen. Eine Galerie der geliebten Menschen zieht an mir vorbei. Krähenrufe holen mich aus dem Dämmerschlaf. Mein Blick fällt auf die gusseiserne Türklinke. Sie blickt mich mit krummer Nase an. Als ich klein war, betrachtete ich beim Aufwachen die Gesichter in der holzgetäferten Decke meines Kinderzimmers. Manche hatten säuerliche, verzogene Münder, andere schienen mir etwas zuzurufen.
Der Gedanke, dass mein Zimmer erfüllt ist von Dingen, die ein Eigenleben führen, macht mich seltsam glücklich. Ich fühle eine heitere Verbundenheit mit den Staubflusen, der zerknüllten Jeans am Boden und den fernen Geräuschen der Autos, der spielenden Kinder und der Vögel. Alles geht weiter, ohne dass ich mich rühre. Später werde ich aufstehen und Kaffee aufsetzen. Später werde ich im botanischen Garten spazieren und lesen. Nicht jetzt. In diesem Augenblick ist die Welt genug. In diesem Augenblick bin ich genug. Daliegen, liegen bleiben ist gerade alles.