Frau Stocker, Sie werden im Juli 75. Fühlen Sie sich alt?
Ja, ich bin müde. Ich spüre wirklich die Grenzen. Manchmal denke ich am Abend: Gott sei Dank muss ich nicht um 20 Uhr wieder irgendwo sein. Ich merke es auch, wenn mich die Enkel besuchen. Aber wenn ich den Leuten sage, ich sei eine alte Frau, denken alle, ich kokettiere. Die sind sich gar nicht gewohnt, dass Monika Stocker einmal nicht mag. (lacht)
Statistisch gesehen sind Sie noch nicht im hohen Alter, das beginnt erst mit 80.
Es ist schon verrückt, dass wir heute zwischen Alter und hohem Alter unterscheiden. Meine Grossmutter ist mit 75 gestorben – in einem schönen Alter, wie man damals sagte. Heute hiesse es: «Oh, die musste aber auch noch früh gehen.» Wir leben in einer Zeit, in der das hohe Alter für viele Menschen eine Option ist. Darauf können wir stolz sein. Aber anstatt uns darüber zu freuen, wird es in unserer Gesellschaft als Problem, als fast schon tragisches Ereignis angeschaut.
Sie meinen, weil uns dieses hohe Alter etwas kostet?
Ja, dabei geht oft vergessen, welche Leistungen die Alten volkswirtschaftlich erbracht haben und noch immer erbringen. Sie sind weiterhin Konsumenten und aktive Bürger. Sie haben 40 bis 50 Jahre gearbeitet, Steuern bezahlt, in die zweite und dritte Säule und die Krankenkasse eingezahlt. Unseren Wohlstand verdanken wir zu einem grossen Teil den heute alten Menschen.
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