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Autor: Fabio Peter
Freitag, 21. April 2023

Auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere trinkt Marc Jost ein Rivella. In der «Galerie des Alpes» haben sich Familie, Freunde und Weggefährten versammelt. Jost hat seinen engsten Kreis zum Apéro ins Café des Bundeshauses geladen. Eben ist er als Nationalrat vereidigt worden – als einziger an diesem ersten Tag der Wintersession 2022. «Es ist ein besonderes Gefühl, plötzlich dazuzugehören», sagt er.

Jost sitzt neu für die Evangelische Volkspartei (EVP) im Parlament. Seine Einsetzung war einer jener raren Momente, in denen die Kleinpartei im Rampenlicht stand. In gelber Krawatte und begleitet von zwei Weibeln trat Jost nach vorne, hörte sich die Formalien an, hob die Hand und sagte: «Ich schwöre es.» Applaus, Blumenstrauss, Selfie. Und schon waren die Schein­werfer wieder woanders: bei der Debatte zur Pflegeinitiative, den anstehenden Bundesratswahlen, dem Fussball: Es ist der Tag, als die Schweiz an der WM in Katar gegen Brasilien spielt.

Beim Apéro im Bundeshaus stehen die Gäste um ein paar Stehtische herum. Der Bruder erwähnt im Gespräch, es sei ein lang­ersehnter Traum von Marc Jost gewesen, auf nationaler Ebene zu politisieren. «Er hat sich immer für die grossen Fragen inter­essiert.» Ex-Nationalrat Heiner Studer, der als Josts Mentor gilt, erzählt, wie er Jost einst überreden musste, in die Politik zu gehen. Ein Mann, der sich als «Supporter der Evangelischen ­Allianz» vorstellt, nippt an einem Glas Weisswein und findet, in der Gesellschaft würden familiäre Werte verwischt. Da könne Marc Jost vielleicht gegensteuern. «Starke Beziehungen sind das Fundament von allem.» Schliesslich trommelt Jost seine Leute zu einem Schnappschuss mit dem Handy zusammen, dann muss er zurück in den Saal.

Jost ist einer breiten Öffentlichkeit durch seine Arbeit als Generalsekretär der Evangelischen Allianz der Schweiz bekannt geworden – einem wertkonservativen Verband, der frei- und landeskirchliche Gemeinden vertritt. Als solcher bekämpfte Jost unter anderem die «Ehe für alle» oder die Ausweitung der ­Antirassismusstrafnorm auf die sexuelle Orientierung.

Er sei ­einer, der sich traut, gegen den Zeitgeist zu argumentieren, sagen seine Befürworter. Aufsehen erregte er mit einem Interview zusammen mit seinem homosexuellen Vater vor drei Jahren. «Lebt Ihr Vater ein Leben in Sünde?» fragten ihn die Journalisten der «NZZ». Jeder Mensch sei ein Sünder, antwortete Jost. Doch in diesem Punkt sei für ihn die Bibel ganz klar: «Sexualität gehört ausschliesslich in die Ehe von Mann und Frau.»

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