Die Seite wurde Ihrer Lesezeichenseite hinzugefügt. Klicken Sie auf das Menüsymbol, um alle Ihre Lesezeichen anzuzeigen. Die Seite wurde von Ihrer Lesezeichenseite entfernt.
Freitag, 18. März 2022

Es ist schwer, gerade nicht zu denken, dass das Ende von allem bereits begonnen hat. Dass Kiew, Charkiw, Cherson, die Nato, der Westen, der Osten, Russland, die USA, die Altbauwohnung, in der man alt zu werden gedachte, die Urlaubsbilder und Erinnerungen, Nachbarn und Kollegen, Vater und Mutter, Frau und Kinder samt Hund und einem selbst bald verglühen in einem atomaren Blitzlicht. Und mit jeder Sondersendung zur Ukraine, jeder Live-Schalte ins Kriegsgebiet, jeder Ferndiagnose, ob Putin (Best Case) nur ein massenmordender Stratege oder (Worst Case) bereits ein wahnsinniger Diktator im Weltvernichtungsmodus ist, fürchtet man mehr, erst Zeuge und dann Opfer einer Apokalypse in progress zu sein.

Wut, Trauer, Furcht wechseln sich ab mit Hilflosigkeit. Letztere äussert sich oft in rührend-sinnlosen Schutzhandlungen: der Inspektion des Hobbykellers (Hält er einem taktischen Atommarschflugkörper stand?) oder dem Eruieren der besten Bahn-Fluchtrouten für den Ernstfall.

Doomscrolling nennt man den exzessiven Konsum schlechter Nachrichten. Psychisch anfällige Menschen macht das krank, unglücklich macht es sowieso. Doch was tun, wenn der Weltuntergang via Fernsehen, Radio, Smartphone überall zu sein scheint und Eskapismus nur kurz kommt vor Fahnenflucht? Eine Ärztin riet unlängst auf Twitter: Medienkonsum reduzieren, Überforderung akzeptieren, Gefährdung analysieren.

Ausserdem könne man ja die eigene Resilienz stärken, indem man sich aus dem Sessel erhebt und einen Flüchtling aufnimmt. Oder sitzen bleibt und spendet. Am wichtigsten aber sei es, zu akzeptieren: Es geht nicht um dich! Zu viel Doomscrolling mache egozentrisch. Irgendwann übersehe man, dass die russische Vakuumbombe nicht der Couchkartoffel gilt, sondern den Menschen im Radius ihrer Vernichtung.

Dieser Inhalt ist für Abonnent:innen des bref Magazins sichtbar.

Jetzt abonnieren

Haben Sie bereits ein Abo?