Der ehrliche Klappentextbref+

«Hemmungen und Dynamit» von Nicolas von Passavant

Der Berner Liedermacher Mani Matter war mehr als der «Värslischmied», als den er sich selber bezeichnete. Ein Buch zum 50. Todestag zeigt, wie viel politische Sprengkraft in Matters Schaffen steckt.
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Freitag, 11. November 2022

Matter lebt. Seine raffinierten Lieder sind längst Teil der Deutschschweizer Identität. Schüler singen, Künstlerinnen covern und Akademiker analysieren sie. Zum 50. Todestag von Mani Matter begibt sich der Germanist Nicolas von Passavant auf die Suche nach dem Politischen in Matters Chansons. Herausgekommen ist ein Essay, der die Sprengkraft ­hinter den schönen Liedern aufdeckt.

Das Dynamit in den Liedern bemerken wir oft erst beim zweiten Hinhören. Denn der Jurist und Chansonnier Matter hielt wenig davon, seine Meinung mit dem «Holzhammer zum Ausdruck» zu bringen. Trotzdem sah er seine Lieder als «Modelle für politische Sachverhalte». Keine Zeile setzte er darum leichtfertig. «Sowohl meine private als auch meine berufliche Tätigkeit hat immer mit Politik zu tun», erklärte er einmal in einem Interview.

Als Quellen für die Spurensuche dienen von Passavant neben den Liedern Matters Interviews, Tagebucheinträge, ein Notizheft aus seiner Zeit in Cambridge sowie die unvollendete Habilitationsschrift. Dazu kommen drei politische Artikel, die Matter zu Lebzeiten veröffentlichte und die zusammen mit dem Essay neu abgedruckt werden. Der Essay selbst ist in drei Teile gegliedert. Während sich der erste Teil vor allem mit dem Motiv der Gewalt in Matters Liedern beschäftigt, widmet sich der zweite seinen wissenschaftlichen Arbeiten. Im dritten Teil führt von Passavant die beiden Perspektiven zusammen.

Bereits mit Blick auf den ersten Teil resümiert der Autor: «Oft kommt es in Matters Chansons zu Handgreiflichkeiten und Beleidigungen, zu Mord und Totschlag sowie teils auch explizit politischer Gewalt.» Diese Tumulte fungieren als «Kristallisationspunkte komplexer Themen und Konflikte».

Wenn sich in den Liedern Reisende ­«yr isebahn» mit Schirmen «aufs dach» geben und sich brave Bürger «im löie z’nottsiwil» eine Schlacht mit Kartonschwertern liefern, hat das durchaus einen ernsten Hintergrund. Unüberhörbar ist das beim «dällebach kari». Matter besingt mit dem tragischen Selbstmord des Aussenseiters eine gesellschaftliche Schieflage. Gemeinsam ist den Liedern, dass sie die Probleme nicht nach einer einfachen Formel auflösen. Matter liefert keine Antworten. Er stellt Fragen.

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