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«Chefinnen in den Kirchen müssen ein bisschen mehr können»

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Donnerstag, 05. September 2024

Übersetzung von Auszügen aus dem Vortrag «Leiten und leiten lassen – Leadership in evangelisch-reformierter Perspektive» von Rita Famos, Präsi-dentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, gehalten am 20. Juni an der Tagung «International Conference on Theology and Leadership» der Universität Luzern, Kapitel 1, «Spirit als Kraft aus dem Geist».

Der objektive Geist der Philosophie steht für eine umfassende Weltanschauung, um die Welt und ihre Entwicklungen zu deuten. Der personale Geist der Theologie rechnet dagegen mit einer Instanz, die in der Welt wirkt, und verständigt sich daraus über die Welt. Der «Holy Spirit» ist kein personenloses Prinzip, sondern hat mit dem «Holy Ghost» einen konkreten Absender. Der Ausdruck «Spirit of Leadership» schliesst an die philosophische Bedeutung an, indem er eine normative Kultur oder fundamentale Werthaltung auf die Führung von Institutionen, Organisationen und Unternehmen überträgt. Konkret geht es um «die menschen-, verhaltens-, eigenschafts-, interaktions- und/oder motivationsorientierten Aufgaben des Managements».

In allen Organisationen braucht es Chefs.

Chefs sind wichtig.

Sie leiten die Mitarbeitenden an.

Damit diese gut zusammenarbeiten.

Und die Organisation erfolgreich ist.

Dafür brauchen die Chefs Führungs-Geist.

Das ist eine Fähigkeit.

Und eine bestimmte Art zu denken.

Führungs-Geist heisst: Jemand kann andere Menschen gut führen.

So wie ein Kapitän die Mannschaft auf seinem Schiff.

Damit es sicher in den Hafen kommt.

Es gibt aber Unterschiede: Weltliche Organisationen werden anders geführt als Kirchen.

Für weltliche Organisationen sind bestimmte Werte wichtig.

Die Organisationen legen diese Werte selber fest.

Zum Beispiel: Alle Mitarbeitenden sollen respektvoll miteinander umgehen.

Oder: Männer und Frauen bekommen den gleichen Lohn.

Die Chefs sollen diese Werte umsetzen.

Das ist auch in den Kirchen wichtig.

Dort müssen die Chefs aber noch auf etwas anderes achten.

Für Christinnen und Christen ist der Heilige Geist wichtig.

Der Heilige Geist ist nicht von Menschen gemacht.

Er wurde den Menschen von Gott geschenkt.

Der Heilige Geist schafft viel Gutes auf der Welt.

Darum sollen sich die Chefs von ihm leiten lassen.

Bei der Institution Kirche ist die Sache komplexer. «Als solche kann sie wie andere Institutionen beschrieben werden mit ihren Zielen, Strukturen und Abläufen. Sie kann insbesondere beschrieben werden als eine Institution, die in der Gesellschaft bestimmte Leistungen erbringt.» Zugleich und zuerst ist sie aber die geglaubte Kirche als Schöpfung aus Gottes Wort. Sie entsteht und besteht aus der Geistkraft Gottes, wird durch sie geführt und vollendet. Bei der Kirchenleitung sind – im Unterschied zu allen anderen Institutionen und Organisationen – zwei Instanzen im Spiel: die ausführende Leitungsinstanz und die berufende und begabende Geistinstanz. Der Spirit of Leadership geht nicht in den Merkmalen und Fähigkeiten auf, die eine Person oder Gruppe von sich aus mitbringt und für bestimmte Aufgaben prädestiniert. Wesentlich ist die Beauftragung für diese Aufgabe, die anderen Massstäben und Kriterien folgt.

Kirchen sind nicht wie andere Organisationen.

In anderen Organisation kommen viele Menschen zusammen.

Sie arbeiten für ein gemeinsames Ziel.

Zum Beispiel um ein Produkt herzustellen.

In den Kirchen ist das ähnlich.

Kirchen stellen auch bestimmte Produkte für die Gesellschaft her.

Zum Beispiel organisieren sie Gottes-Dienste.

Oder sie unterstützen Menschen in Not.

Kirche ist aber noch mehr.

Die Kirche ist von Gott gemacht.

Gott hat den Menschen den Heiligen Geist gegeben.

Das bedeutet: Er hat ihnen bestimmte Gaben geschenkt.

Zum Beispiel Kraft oder Mut.

Damit die Menschen das Wort von Gott verkünden.

Einige Menschen haben eine besondere Aufgabe bekommen.

Sie sollen die Kirchen leiten.

Dafür müssen sie ein bisschen mehr können als andere Chefs.

Andere Organisationen entscheiden alles selber.

Zum Beispiel kann ein Unternehmen sagen: Im nächsten Jahr wollen wir noch mehr Geld verdienen.

Die Chefs müssen das umsetzen.

Dafür brauchen sie bestimmte Fähigkeiten.

Dazu machen die Chefs eine Ausbildung.

Dort lernen sie zum Beispiel: So können sie Mitarbeitende begeistern.

Chefinnen in den Kirchen müssen das auch können.

Denn die Kirchen sollen auch erfolgreich sein.

Sie sollen in der Öffentlichkeit gehört werden.

Und viele Mitglieder haben.

Chefinnen in den Kirchen haben aber noch eine andere Aufgabe.

Sie sollen sich nicht nur um den Erfolg von der Kirche kümmern.

Sondern vor allem auf den Heiligen Geist hören.

Das kann man in keinem Kurs lernen.

Der kirchliche Spirit orientiert sich nicht nur an einem Kanon von Fachkompetenzen, die im Blick auf bestimmte Werte und Ziele gelehrt, gelernt und angewendet werden. Primär geht es um ein Kommunikationsverhältnis oder eine Beziehung, in der der Geist das Denken, Urteilen und Handeln der Leitungspersonen bestimmt. Der Spirit der Führung ist der Spirit der Gemeinschaft, die geführt wird, und diesen Spirit hat sich die Gemeinschaft nicht selbst ausgedacht, sondern kommt ihr von aussen zu. Deshalb spricht die Kirche – im Anschluss an Paulus (1Kor 12,11ff.) – von «Charismen» bzw. «Geistesgaben» und hat mit der Pneumatologie eine eigene Wissenschaft vom Geist entwickelt.

Chefinnen in den Kirchen müssen also auf zwei Dinge achten:

Sie sollen die Kirchen gut führen.

So wie die Chefs von anderen Organisationen.

Damit die Kirche ihre Ziele in der Welt erreicht.

Gleichzeitig sollen sich die Chefinnen vom Heiligen Geist leiten lassen.

Das heisst: Chefinnen in den Kirchen entscheiden nicht alles selber.

Sie hören auf den Heiligen Geist.

So wie auch die anderen Mitarbeitenden in der Kirche.

Alle Mitarbeitenden haben vom Heiligen Geist spezielle Gaben erhalten.

Das macht sie für bestimmte Aufgaben geeignet.

Auch die Chefinnen haben besondere Gaben.

Dadurch können sie die Kirche besonders gut führen.

Die Chefinnen sind deswegen aber nicht wichtiger als die anderen.

Alle Mitarbeitenden sind gleich wichtig.

Denn alle dienen gemeinsam Gott.

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