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Illustration: Jannis Pätzold
Freitag, 06. März 2020

Herr Trawny, die Liebe entzieht sich dem Denken, schreiben Sie in Ihrem neuen Buch, um dann 280 Seiten über nichts anderes zu philosophieren. Warum das Ganze, wenn es sinnlos ist?

Dass es nichts bringt, sich Gedanken über die Liebe zu machen, bestreite ich. Man kann durchaus manches zu ihr sagen. Nur sollte man sich dabei der Begrenztheit des eigenen Verstehenkönnens bewusst sein, als Philosoph besonders. Denken ist in der Philosophie gemeinhin orientiert an einer überprüfbaren Erkenntnis. Mit diesem Ansatz alleine lässt sich die Liebe aber nicht verstehen.

Gilt das nur für die Liebe?

Nein. Ich glaube, dass sich alles, was uns in unserem Leben ausmacht, was uns wirklich wichtig ist, der Rationalisierung letztlich entzieht. Das gilt für die Liebe genauso wie für Gott oder den Tod.

Und was lässt sich dann überhaupt gesichert über die Liebe sagen?

Nicht viel auf den ersten Blick. Ihr kleinster Nenner ist der Bezug zum Gegenüber. Doch schon über die Frage, wie dieser Bezug beschaffen ist, lässt sich trefflich streiten. Ist Liebe ein Affekt? Ein Gefühl? In vielerlei Hinsicht schon. Doch wenn man sich dann die Nächstenliebe anschaut, gilt das schon nicht mehr. Die Nächstenliebe meint schliesslich nicht einen besonderen Menschen, zu dem ich in persönlicher Beziehung stehe, sondern den Erstbesten, der mir begegnet – und das ist letztlich potenziell jeder und jede.

Sie sprechen von «Bezug zum Gegenüber» und von «Bezug schaffen». Das klingt mehr nach Sofa als nach Liebe. Geht es auch weniger lieblos?

(lacht) Zärtlicher formuliert: Liebe ist geteilte Nähe. Sie beginnt bei unserem Verständnis zu uns selbst. Wenn wir lieben, sind wir uns selbst näher, gerade weil da der andere ist, mit dem wir diese Nähe teilen und erleben. Liebe ist also so etwas wie das Menschliche an sich. Deshalb landet jeder, der nach dem Sinn des Seins fragt, irgendwann bei ihr.

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