Übersetzung von Auszügen aus der Rücktrittsrede von Synodenpräsident Zoltan Balog an der informellen Synode der Reformierten Kirche in Ungarn vom 16. Februar 2024. Der oberste Reformierte in Ungarn musste zurücktreten, nachdem seine Verwicklung in einen Pädophilie-Skandal publik geworden war. Balog hatte der ungarischen Staatspräsidentin geraten, einen Mann zu begnadigen, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen verurteilt worden war.
Ich habe Euch zusammengerufen, um Euch in die Augen zu schauen. Und in Eure Seelen. Und Ihr schaut in meine. Ihr habt mich erst vor drei Jahren gewählt. Seitdem haben wir gemeinsam Entscheidungen getroffen. Gute Entscheidungen, schlechte Entscheidungen. Wir haben Fehler gemacht. Wir haben gemeinsam Fehler gemacht. Jetzt habe ich allein einen Fehler gemacht, aber ich weigere mich, zu vergessen, was gut war. Was unsere Kirche gestärkt hat, was sie weiterentwickelt hat.
Als ich vor fast auf den Tag genau drei Jahren gewählt wurde, habe ich Euch zunächst versichert, dass Ihr wisst, wen Ihr gewählt habt. Es gibt nur wenige oder vielleicht gar keine unter Euch, deren Leben in den letzten zehn bis zwanzig Jahren so offen waren wie das meine. ( … ) Ihr wusstet, wer ich bin, und ich vertraue darauf, dass Ihr mich nicht nur gewählt habt ( … ), weil ich aus dem öffentlichen Dienst komme und von Nutzen sein würde. Dies ist in der Tat zum Nutzen unserer Kirche gewesen. Nutzen, Risiko und Last. Ich messe den Nutzen nicht in Geld, sondern in der Tatsache, dass unsere Kirche vielleicht in der Lage war, sich mit mehr Charakter und in einem grösseren Raum zu präsentieren als zuvor.
Jetzt ist dieser Nutzen zu einer Last geworden, und wir sehen auch, dass der Nutzen, die Zunahme des Gewichts unserer Kirche, bröckelt. Ihr Prestige bröckelt. Es ist eine Last. Ich bin Teil einer Hexenjagd geworden, und Ihr seid Teil einer Hexenjagd geworden, die ihre Opfer hatte: die Präsidentin von Ungarn, die wir sehr lieben, die ein treues Mitglied unserer Kirche ist und die so oft ihren Glauben sowohl hier als auch im Ausland bewiesen hat. Aber macht Euch keine Illusionen! Die Hexenjagd, die Hysterie, wird nicht aufhören, auch wenn ich nicht da bin. Aber ob ich nicht da sein werde, das müsst Ihr entscheiden. Das hat nicht die politische Opposition zu entscheiden, das haben nicht die Medien zu entscheiden, das hat nicht die Regierung zu entscheiden, das hat nicht Facebook zu entscheiden. Das habt Ihr zu entscheiden, die gesetzgebende Körperschaft der Reformierten Kirche in Ungarn. Vergesst das nicht!
Ich bin zurückgetreten, ich bin vom Amt des Ministerpräsidenten der Synode zurückgetreten. Ich muss Euch allen danken. Bei denen, die gegen mich gesprochen haben, und bei denen, die für mich gesprochen haben. Was mich bewegt hat, und damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet, war die Beratung vor ein paar Tagen, als 86 % der anwesenden Dekane und Laienvorsitzenden der Presbyterien sagten: «Bleiben Sie! Wir vertrauen Ihnen.» ( … ) Ich habe einen schweren politischen Fehler gemacht, aber einen Fehler in einem Begnadigungsfall. Ich habe um Begnadigung gebeten. Ich wollte eine Begnadigung für jemanden. Und wenn ich jetzt deswegen gehen muss, dann glaubt nicht, dass dies das Ende ist. Es wird weitergehen. Es ist ein Kampf. Es wird einen Kampf geben. So wie es schon immer ein Kampf war.