Überschätzt – Unterschätztbref+

Rache

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Freitag, 10. November 2023

Wer behauptet, er habe noch nie Rachegelüste verspürt, kann sich zu den Heiligen zählen. Jeder Sterbliche erfährt früher oder später, wie süss die sprichwörtliche Rache sein kann. Jemandem etwas heimzuzahlen, alte Rechnungen zu begleichen, bis man quitt ist, tut gut. Aber schnell spüren wir auch, welche höllischen Folgen Rache hat. Im Inneren folgt der ersten Genugtuung nur Leere. Was sich zunächst als wohltuender Ausgleich für erlittenes Unrecht anfühlt, erweist sich bald als die blosse Verlängerung der Gewaltspirale. Rache, das ist ein Durst, der, während er gestillt wird, noch durstiger macht.

Was haben wir nicht alles schon an Anstrengungen unternommen, um dieses archaische Gefühl in uns zu bändigen. Die oft und fast immer falsch zitierte Redewendung «Auge um Auge, Zahn um Zahn» erzählt von diesem Versuch. In der alttestamentarischen Welt sollte der Spruch ein neues Rechtsprinzip begründen, auf dass fortan zwischen Straftat und deren Ahndung eine gewisse Verhältnismässigkeit gewahrt werden sollte. Ein ausgeschlagenes Auge kostete von nun an nicht mehr den ganzen Kopf, sondern bloss ein Auge. Das war ein zivilisatorischer Fortschritt.

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