Ich freu’ mich sehr darüber, dass mit Pamela Rendi-Wagner in der jahrhundertelangen Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der Partei steht.
Nicht nur, weil sie eine Kollegin und im übrigen eine ausgezeichnete Wissenschaftlerin ist.
Nicht nur, weil sie ein sehr g’scheiter und hellsichtiger und sozialer Mensch ist.
Sondern auch, weil sie eine Frau ist. Ja, auch und vielleicht vor allem, weil sie eine Frau ist.
Warum? Warum bedeutet es mir so viel, dass sie eine Frau ist?
Ist es nicht «arg» oder «einseitig» oder gar «diskrimierend» von mir, eine Politikerin zu bevorzugen, nur weil sie eine Frau ist? Vielleicht ist es das und ich hab’ da einen «Bias», aber ich will euch erklären, warum ich diesen «Bias» vielleicht habe.
Ich liebe Männer. Ich liebe sie als Freunde wie andere Männer auch, aber ich liebe sie auch als Partner. Als Lebenspartner womöglich. Als Horizont meiner Sehnsucht und meiner Leidenschaft. Und darin unterscheide ich mich von anderen Männern.
Und dennoch waren es immer Frauen, denen ich mich anvertraut habe, wenn es darauf ankam, wie gesagt wird.
Waren es immer die Frauen, die ich wie einen Bissen Brot gebraucht habe, um in den entscheidenden Momenten meines Lebens weiterleben zu können.
Wenn es darauf ankam, wie gesagt wird, waren es immer die Frauen, die ich gesucht habe, um mich festzuhalten.
In meiner St. Pöltner Pubertät war es meine Freundin Marion, der ich mich anvertraut habe, und als ich nach Wien zog mit 18, war es meine Cousine Shan Diz, der ich mich anvertraut habe, und als ich mit 21 mein Coming-out wollte, war es meine Mutter, der ich mich als erster anvertraute. Und als ich meine Analyse machen wollte, war es meine Analytikerin Schneiderbauer, der ich mich anvertraute.
Die Frauen waren immer meine Beschützerinnen, meine Lebensretterinnen.
Und heute frage ich mich: Warum? Denn ich weiss, dass wir Männer genauso verständnisvoll und liebevoll sein können wie die Frauen.
Aber wir zeigen es nicht.
Wir zeigen es nicht im entferntesten so wie die Frauen.
Wir hängen in den Seilen längst verstorbener und vor sich hin rottender Ideen von Männlichkeit, längst vergilbter Bilder von Härte und Stahl und Zurückhaltung. Und wenn man seine Gefühle nicht zeigt, wenn man sich zurückhält, dann wird einen auch niemand wirklich erkennen können.
Das soziologische Konzept des «Neopatriarchats» beschreibt und erklärt meiner Meinung nach diese unsere ekelhafte Zeit der Trumps und Putins und Erdogans und Kurz’ und Salvinis et cetera so schlüssig wie keine andere.
Das letzte Aufbäumen einer «kastrierten» Männerseilschaft, die in den finalen Kreuzzug gegen die «verweichlichte Gleichmacherei und Multikulti-Gesellschaft» zieht und der Egalität als vermeintlicher Zerstörerin unserer Weltordnung den Kampf ansagt.
Ich bin so optimistisch und gutgläubig zu hoffen, dass dieses Männerbild nur noch von einer Minderheit der Männer geteilt wird und dass diese Neopatriarchen gerade ihr tragisches, schauerliches Finale inszenieren.
Aber so, wie die Welt derzeit ist, bleib’ ich, wenn es drauf ankommt, wie gesagt wird, doch noch lieber bei den Frauen.
Sicher ist sicher.
Und ich wünsche mir für uns Männer, dass wir in den nächsten Jahrzehnten oder Jahrhunderten lernen werden, unsere Empathie und Offenheit und Leidenschaft genauso zu zeigen wie die Frauen. Damit in Zukunft die Leute auch zu uns kommen, wenn sie einen Menschen brauchen wie einen Bissen Brot.
So wie zu den Frauen, die wir Männer alle so sehr lieben.
Jeder auf seine Art.