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Jetzt sind wir endgültig am Ruder. In diesem Sommer haben Wissenschaftler ein neues Erdzeitalter ausgerufen. Das Anthropozän, benannt nach dem Menschen, der nun auch offiziell zur dominierenden Kraft auf dem Planeten wird. Ausgedient hat damit das Holozän, das seit der Eiszeit geherrscht hat. In der «Zeit» erinnert der Journalist Stefan Schmitt daran, dass der Begriff Holozän eigentlich schon das «ganz Neue» bedeutet. «Aber neuer geht ja immer», findet Schmitt. So stellt sich am Morgen des neuen Erdzeitalters die Frage: Wie lautet die Steigerungsform von «ganz neu»?
Es mutet auf eine traurige Weise ironisch an, dass just im Sommer seiner Amtseinsetzung dem Menschen die Konsequenzen seiner Herrschaft schmerzhaft unter die Nase gerieben werden: Hitzewellen in ganz Europa mit Temperaturen bis zu 48 Grad und verheerenden Waldbränden an touristischen Hot-Spots in Griechenland, Portugal oder Italien. Die Erde brennt, und der Mensch steht in Badehose fassungslos daneben oder läuft um sein Leben. Ist das die reale Bedeutung von Anthropozän? Der Mensch auf der Flucht vor den Auswirkungen seines Tuns? Ist also «apokalyptisch» die Steigerungsform von «ganz neu»?
«Daheim bleiben lohnt sich», versprach der «SonntagsBlick» in diesem Sommer. Und empfahl dem Leser gemütliche Ferien in der Heimat: «Nie ist es gechillter als in diesen ereignislosen Wochen. Man verpasst nichts und sieht niemanden.» Ausserdem spart man sich die völlig überteuerten Hotels und den entwürdigenden Kampf um freie Liegestühle am Strand. Alles hat seine guten Seiten, so auch der Weltuntergang. Die Apokalypse als Wohlfühloase. Home-Office wird zu Home-Living. Und Social Distancing wird von einer pandemischen Ausnahmesituation zum Dauerzustand. Nur dass wir jetzt keine Maske, sondern einen Helm tragen.
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