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Freitag, 10. Februar 2017

Als der reformierte Bundesrat Johann Schneider-Ammann am letztjährigen Tag der Kranken im Fernsehen über den gesundheitlichen Nutzen des Humors sprach, lachte am Ende die ganze Welt mit. Der Bundespräsident hatte das Lachen gelobt, ohne dabei ein einziges Mal die Miene zu verziehen – mit Grabesstimme und in holprigem Französisch. Die Videobotschaft ging viral und sorgte bis in amerikanische Comedyshows mit Millionenpublikum für Erheiterung. Dabei war es gerade der gnadenlose Ernst, mit dem Schneider-Ammann über das Lachen redete, der ihn unfreiwillig komisch machte.

Inwiefern Schneider-Ammanns Trockenheit seiner reformierten Herkunft geschuldet ist, sei dahingestellt. Dass der Protestantismus die vielleicht nüchternste Haltung ist, die je gegenüber der Welt eingenommen worden ist, lässt sich aber nicht von der Hand weisen. Höchstens der Atheismus mit seinem unbeirrbaren Sinn für die nackte Realität und die harten Fakten kann ihm das Wasser reichen.

Als Erfinder pietistischer Innerlichkeit sind die Protestanten die ungeschlagenen Meister in Sachen unablässiger Gewissenserforschung. Sola fide, sola gratia und sola scriptura sind denkbar schlechte Voraussetzungen für ein Scherzchen auf Kosten von Gott und der Welt: Wer sich durch grösstmögliche Aufrichtigkeit und maximale Selbstkontrolle einen Platz unter den Gottesgerechten verspricht, vergisst mitunter das Lachen.

Auch mit Calvins doppelter Prädestination ist nicht zu spassen. Glaubt man Max Weber, so hat sie Generationen von Gläubigen in rastlose Betriebsamkeit gestürzt. Und Erweckungsprediger John Wesley machte sogar Gott persönlich einst zum humorlosen Komplizen seiner Tüchtigkeit: «Oh Herr, lasse nicht zu, dass wir unnütz dahinleben.»

Da bleibt kaum Platz, um mal Dampf abzulassen. Doch das zielstrebige Hinarbeiten auf einen Platz im Paradies versperrt mitunter den Blick auf das Abwegige des Menschseins. Genau hier allerdings, im Reich des Unsinns und im Abgründigen, fühlt sich der Humor heimisch. In seiner Studie zum Witz beschreibt Sigmund Freud, dass jener dazu diene, widerstrebende Erfahrungen und unterdrückte Empfindungen für einen Moment im «Unernst» rauszulassen. Versprecher, Verdichtungen und Wortspiele sind gerade darum lustig, weil sie eine unzensierte, im Alltag unterdrückte Wahrheit zum Vorschein bringen. Das Komische, so Freud, verschaffe Lust, denn es ermögliche eine zeitweilige Rückkehr in einen kindlichen, vor- moralischen Bereich. Humor foutiert sich um den guten Ton, Etikette oder fromme Wünsche.

Für Protestanten, die sich für ihr Seelenheil auf ihr Gewissen verlassen müssen, sind das schlechte Nachrichten – ein einziger unmoralischer Gedanke kann üble Folgen haben. Da haben es die katholischen Brüder und Schwestern denkbar einfacher. Mit ihren vielen Würdenträgern, Heiligen und allen möglichen Ritualen wehren sie zu viel Seriosität auf dem Weg ins Himmelreich schon mal präventiv ab. Bunte Kruzifixe und Madonnen aus Plastik, die im Dunkeln leuchten, verraten einen frivolen Sinn für den Schein. Ein bisschen «so tun als ob», «Heuchelei» und eine gewisse Doppelbödigkeit liegen im katholischen Glauben durchaus drin: Wie sonst liesse sich der Erfolg des sogenannten Calendario Romano erklären? Seit Jahren zeigt der Kalender die schönsten Pin-up-Priester des Vatikans. Die zwölf Schwarzweissfotografien der gutaussehenden Patres, sinnlich dreinblickenden Jungpriester und hübschen Seminaristen sind ein Verkaufsschlager unter Besuchern des Heiligen Stuhls.

Die Lust an der Überschreitung ist im Katholischen geradezu angelegt. Wenn die Sünderin ihre schlimmsten Verfehlungen durchs Beichtfenster flüstert, delektiert sich auch der Priester noch ein wenig an den Untaten seines Schäfchens. Geteiltes Laster ist doppelte Lust. Giovanni Guareschi, der Erfinder des schlitzohrigen Priesters Don Camillo, brachte das einst so auf den Punkt: «Manch einer, der vor der Versuchung flieht, hofft doch heimlich, dass sie ihn einholt.»

Selbst Jesus drückt bei den Katholiken gerne mal ein Auge zu – zumindest bei ebendiesem Don Camillo. In den Zwiege- sprächen, die der schlagfertige Romanheld in der Dorfkirche mit Jesus am Kreuz führt, wird dieser regelmässig zum Mitwisser der Streiche, die Don Camillo seinem Gegenpart, dem kommunistischen Bürgermeister Peppone, spielt.

Die Katholiken mögen in puncto Leben und Leben lassen den Protestanten eine Nasenlänge voraus sein. Meister des feinen Witzes sind allerdings die Juden. Der Publizist Josef Joffe nennt den Humor den «frechen kleinen Bruder der jüdischen Theologie». Humor ist gewissermassen die Überlebensstrategie des auserwählten Volkes, das sowohl in der Heilsgeschichte als auch in der Wirklichkeit bis anhin auf ein Happy End wartet. «Der Messias kommt erst, wenn es zu spät ist», hat Kafka die Ironie der jüdischen Erfahrung zum Ausdruck gebracht. Neurotiker Woody Allen wappnet sich schon mal mit der nötigen Komik fürs Jenseits: «Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, aber für alle Fälle nehme ich immer Unterwäsche zum Wechseln mit.» Der legendäre Groucho Marx wiederum gab einst einen alternativen Schöpfungsbericht zum besten: «Am Anfang war nichts. Dann sagte Gott: Es werde Licht. Es war immer noch nichts da. Aber man konnte es sehen.» Selbst gegenüber Gott kennt der jüdische Humor keine Scheu.

Mit seinem Sinn für das Absurde und seinem Mangel an Gottesfurcht trotzt der jüdische Witz wie kein anderer dem Irrsinn des Alltags. Den Katholiken bleibt wenigstens ein Augenzwinkern des Gekreuzigten. Und die Protestanten? Müssen sie ihre Trockenheit freudlos ertragen?

Vielleicht gibt es eben doch eine Möglichkeit, dem unerbittlichen Ernst des Protestantischen zu entkommen. Mit etwas Selbstironie zum Beispiel, denn kaum etwas ist komischer als eine richtig steife protestantische Haltung, die um jeden Preis alles richtig machen will. Johann Schneider-Ammann macht es vor – Loriot hätte ihn nicht besser erfinden können.

Friedrich Nietzsche meinte einst: «Wir müssen die Dinge lustiger nehmen, als sie es verdienen; zumal wir sie lange Zeit ernster genommen haben, als sie es verdienen.» Ob Nietzsche, Sohn eines Pastors, mit gutem Beispiel voranging und auch über sich selbst lachen konnte, ist nicht verbürgt. Bei Johann Schneider-Ammann wissen wir es hingegen. Er habe, wie er den Medien gegenüber versicherte, seinen Auftritt am Tag der Kranken im nachhinein selber sehr komisch gefunden, weshalb er auch über das Video, das um die Welt ging, lachen konnte. Immerhin sei er nun eine Berühmtheit, doppelte er nach: So habe ihm US-Präsident Barack Obama bei seinem Amerikabesuch in Anspielung auf das Video gesagt: «Sie, ich kenne Sie!» Daraufhin habe er Obama geantwortet: «Ich kenne Sie auch, Herr Präsident.»

Die Reformierten und der Humor – Probe aufs Exempel

Reformierte Pfarrerinnen haben uns ihren Lieblingswitz erzählt.

Woran erkennt man, dass ein Reformierter eine Orgie feiern will? – An den zwei Flaschen Mineralwasser im Einkaufskorb.
Martina Brendler, Pfarrerin in Romanshorn TG

 

Der Unterschied zwischen Martin Luther und dem Papst? Martin Luther sagte: «Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen!» Der Papst sagt: «Hier sitze ich. Ich kann noch ganz anders. Gott helfe euch. Amen!»
Stefan Schwarz-Stuber, Pfarrer in Frauenkappelen BE

 

Der Prüfer fragt: «Und wie kam Jesus nach der Erzählung des Johannesevangeliums auf die Welt?» – Antwort des Prüflings: «Als Logos.»
Pascale Rondez, Pfarrerin in Forch ZH

 

Ein reformierter Pfarrer, ein Chrischona- und ein Pfingstprediger sprechen darüber, wie sie ihre Predigt vorbereiten. Der Reformierte beginnt: «Am Montag, da müssen spätestens der Ablauf, die Lieder und die Texte klar sein, dass ich dann die Predigt bis Dienstag fertig habe, sonst werde ich nervös.» Der Chrischonaprediger erwidert darauf: «Bei mir reicht Donnerstag, dass alles klar ist und die Predigt spätestens am Freitag fertig ist, sonst würde ich nervös.» Darauf der Pfingstprediger: «Also bei mir ist das so, wenn ich am Sonntag zehn Minuten gepredigt habe und immer noch nicht weiss, was ich sagen soll, dann werde ich nervös!»
Peter Hiltbrand, Pfarrer in Gsteig-Interlaken BE

 

Was war Jesus von Beruf? – Student! Er wohnte mit dreissig Jahren noch bei den Eltern, hatte lange Haare, und wenn er etwas tat, war es ein Wunder. Richard Häberlin, Pfarrer in Weinfelden TG

 

Am Morgen nach der Hochzeit zu Kana wacht Petrus mit einem starken Kater und heftigem Brummschädel auf. Er stöhnt: «Bringt mir einen Becher Wasser!» Johannes lallt: «Aber geht nicht an Jesus vorbei, sonst wird es wieder Wein.»
Corinne Dobler, Pfarrerin in Bremgarten AG

 

Eine Kirchgemeinde ist bekannt dafür, dass die Menschen dort so richtig Feste feiern können. Besonders Hochzeiten. So kam es, dass der Pfarrer und sein Sigrist auf einer Hochzeit zu viel vom guten Wein angeboten bekamen und nach der Feier im Strassengraben landeten. Nach einiger Zeit lallt der Sigrist: «Herr Pfarrer, glauben Sie an die Auferstehung?» «Für die nächsten drei Stunden bestimmt nicht», tönt es zurück.
Corinne Dobler, Pfarrerin in Bremgarten AG

 

Überall wirst du älter, nur bei Jesus wirst du jünger.
Lars Syring, Pfarrer in Bühler AR

 

Ein Vampir auf einem Tandem wird von der Polizei angehalten. Polizist: «Haben Sie was getrunken?» Vampir: «Bloss zwei Radler.»
Constanze Broelemann, Pfarrerin in Basel-West

 

Die Mäusefamilie ist gestorben und steht nun vor Petrus im Himmelstor. Petrus meint: «Ihr musstet immer vor der Katze fliehen. Das war anstrengend. Ihr habt einen Wunsch frei!» Die Mäuse: «Wir wünschen uns schon lange Rollschuhe, damit wir schneller und lustvoller fliehen können!» Der Wunsch wird ihnen erfüllt.

Einen Monat später stirbt die Katze. Auch ihr gewährt Petrus einen Wunsch, weil sie doch immer die Mäuse jagen musste. Die Katze wünscht sich ein eigenes Sofa, auf dem sie ausruhen kann und von niemandem mehr verjagt wird. Auch ihr Wunsch wird erfüllt.

Drei Monate später streift Petrus durch den Himmel und kommt zur Katze auf ihrem eigenen Sofa. Er fragt: «Wie gefällt dir dein eigenes Sofa?» Sie antwortet: «Petrus, das ist super! Aber noch viel genialer ist das Essen auf Rädern!»
Roman Angst, Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich

 

Ein Pfarrer fährt freihändig Fahrrad. Kommt ein Polizist und sagt: «Freihändig fahren ist verboten. Das kostet 30 Franken. Antwortet der Pfarrer: «Gott lenkt mich!» Darauf der Polizist: «Macht 60 Franken, zu zweit fahren ist verboten.»
Tillmann Luther, Pfarrer in Visp VS

 

Der Papst, ein Rabbi und Karl Barth gehen zusammen auf einem See Bootfahren. Da fällt ihnen ein, dass sie die Getränke vergessen haben. Karl Barth steigt aus dem Boot, geht übers Wasser und bringt die Getränke. Kurze Zeit später fällt ihnen ein, dass sie keinen Proviant dabeihaben. Der Rabbi geht übers Wasser und holt koschere Sandwiches. Der Papst sagt: «Ich hätte gerne eines mit Schinken.» Er steigt aus dem Boot und ertrinkt. Der Rabbi sagt zu Karl Barth: «Wir hätten ihm sagen müssen, wo die Steine sind.» Darauf Barth: «Welche Steine?»
Martin Dürr, Pfarrer im Pfarramt für Industrie und Wirtschaft in Basel

 

Sagt ein freikirchlicher Pastor zum reformierten Pfarrer: «Ich habe mein Leben Jesus übergeben.» Sagt der reformierte Pfarrer: «Ich habe meins noch!» Martin Schmidt, Kirchenratspräsident des Kantons St. Gallen

 

Ein Missionar im Dschungel. Plötzlich sieht er vor sich einen riesigen Löwen. Er fällt auf die Knie und betet zu Gott, er möge ihn doch beschützen. Plötzlich kauert auch der Löwe nieder und beginnt zu beten. Der Missionar ist glücklich: «Ein Wunder, Gott hat mich gerettet!» Da hört er das Gebet des Löwen: «Komm, Herr Jesus, sei unser Gast . . . »
Andrea Marco Bianca, Kirchenrat des Kantons Zürich und Pfarrer in Küsnacht ZH

 

In den himmlischen Heerscharen wird darüber beraten, wohin der nächste Betriebsausflug gehen soll. Sagt Gott Vater: «Gehen wir doch nach Bethlehem.» Sagt Maria: «Ach nee – da gibt’s keine Hotelzimmer, da muss ich ständig im Stall schlafen, das kenn ich, das ist überlaufen.» Sagt Gott Vater : «Gut, dann gehen wir nach Jerusalem.» Sagt Jesus: «Ach nee, mit der Stadt habe ich keine gute Erfahrung, da geht es mir an den Kragen. Die mögen mich da nicht.» Sagt Gott Vater: «Gut, dann gehen wir nach Rom.» Sagt der Heilige Geist: «Super, da war ich noch nie!»
Martin Schmidt, Kirchenratspräsident Kanton St. Gallen

 

Ein Dachdecker verliert bei der Arbeit auf einem Haus das Gleichgewicht und stürzt vom Dach. Sofort läuft eine Menschenmenge zusammen. Der Dorfpolizist bahnt sich einen Weg durch die Menge. Innen angekommen, fragt er forsch: «Was ist denn hier los?» Der Dachdecker rappelt sich auf, schüttelt Staub und Dreck von den Kleidern und gibt zur Anwort: «Keine Ahnung, ich bin auch gerade erst gekommen.»
Martin Kuse, Pfarrer in Holderbank-Möriken- Wildegg AG

 

Ein Pfarrer spaziert am Sonntagnachmittag über Land und trifft einen Bauern vor seinem stattlichen Bauernhaus mit prächtigem Garten und blühender Hofstatt. «Da hat euch der Herrgott aber ein schönes Stück Land zugeteilt» sagt er anerkennend. Darauf der Bauer «Ja, Herr Pfarrer, aber Sie hätten sehen sollen, wie das Stück Land ausgeschaut hat, als der Herrgott noch alleine gebauert hat!»
Markus Niederhäuser, Pfarrer in Bern Nydegg