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Diesen Text habe ich selber geschrieben. Habe ich das wirklich?
Von der «New York Times» bis zum «Toggenburger Tagblatt» war letztens viel vom neusten Schrei aus dem Silicon Valley zu lesen. Es handelt sich um einen Chatbot mit künstlicher Intelligenz, der Fragen binnen Sekunden beantworten kann, indem er Informationen aus dem Internet saugt und kombiniert. Das erlaubt ihm, E-Mails zu beantworten, Aufsätze zu schreiben oder auch ein Gedicht zu verfassen. Mit anderen Worten, er tut, was wir auch tun, nur schneller. Adieu, Menschheit. Der Moment der Wachablösung ist gekommen.
Wir ahnten schon, dass wir wohl doch nicht die Krone der Schöpfung sind, seit wir diesen gratis IQ-Test im Internet sieben Mal wiederholen mussten, um auf ein durchschnittliches Resultat zu kommen. Die Krone der Schöpfung heisst GPT, was so viel bedeutet wie Generative Pre-Trained Transformer. Besonders poetisch ist das nicht. Aber genau wie die Menschheit gehört auch die Poesie der Vergangenheit an. So langsam dämmert uns, dass Leute wie Shakespeare, Schiller, Goethe bloss Zudiener einer technologischen Revolution waren, die jetzt ihre Vollendung findet, genau wie die Dinosaurier bloss gelebt haben, damit wir sie später in «Jurassic Park» erleben durften.
Als ich von GPT und seinen Fähigkeiten hörte, habe ich sofort eine Flasche Champagner aufgemacht. Endlich bin ich von der Last der Arbeit befreit. Ich muss diese Kolumne nicht mehr selber schreiben, genauso wenig wie meinen neuen Roman oder diese Sammlung erlesener Haikus, die ich seit längerem in Vorbereitung habe. Ja, sogar die Weihnachtskarten an die Familie habe ich damit vom Hals. GPT macht es schneller und vermutlich sogar besser, denn er gibt dem Leser, was er von einem Autor erwartet: Wiedererkennungswert.
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