Von oben sehen sie aus wie grüne Inseln inmitten einer ansonsten kargen Landschaft: die Waldstücke im Hochland Äthiopiens. Gegen 20 000 solcher Oasen gibt es alleine in Amhara, einer Provinz im Norden des Landes, die dreimal so gross ist wie die Schweiz. Sie sind von weniger als einem bis zu 300 Hektaren gross und haben eines gemeinsam: Mittendrin steht eine Kirche.
Die Kirchen sind auch der Grund dafür, warum es die grünen Oasen überhaupt noch gibt. Rundherum wurde abgeholzt: Waren vor 100 Jahren noch rund 40 Prozent der Fläche von Wald bedeckt, sind es heute noch 4 Prozent. Rund 90 Prozent der äthiopischen Wälder sind verschwunden. Stattdessen entstanden Felder für den Ackerbau und Weiden für die Viehhaltung; das Holz wurde zum Feuern und Bauen gebraucht. Die Bevölkerung wuchs rasant, heute leben 123 Millionen Menschen im Land. Entsprechend stieg auch die Nachfrage nach Nahrungsmitteln.
Dass die Wälder rund um die Kirchen weitgehend unbehelligt blieben, ist lokalen Gemeinschaften zu verdanken. Diese bewahrten die grünen Inseln nicht in erster Linie aus ökologischen, sondern aus religiösen Gründen. Die Gläubigen der christlich-orthodoxen Tewahedo-Kirche halten die Wälder für Abbilder des Gartens Eden aus dem Buch Genesis.
Warum die Wälder für die äthiopisch-orthodoxen Christen so wichtig sind, führte der Abt eines Klosters vor einigen Jahren in einer Reportage des Deutschlandfunks aus: «Der Wald ist wie ein Kleidungsstück für uns, das uns schützt. Wir beten im Wald, unsere Mönche nutzen den Wald als Rückzugsort. Aber natürlich ist er auch wichtig für Schatten und um die Luft zu reinigen. Hier haben wir immer frische Luft», sagte er. Und: «Eigentlich geht es nicht um die Artenvielfalt oder die Rettung des Waldes, sondern um die Achtung der Schöpfung.»
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